Vom 9. Jahrhundert bis zum 16. Jahrhundert – zur Reformation

Die weitere Entwicklung den Geschichte von Dorf und Kirche ist geprägt von dem Stil mittelalterlicher Verwaltungsgepflogenheiten der Belehnungen und der sich daraus ergebenden Folgen. Durch weitere Belehnungen mit bereits belehntem Gut, sog. Afterlehen, wird immer undeutlicher, wer nun eigentlich in Albisheim das Sagen hatte. Es ging bei diesen Vorgängen auch nicht um die Menschen, die hier lebten, und die, je nach dem Besitzer des Gutes, auf dem sie gerade arbeiteten, verschiedenen Herrschaften angehörten, als vielmehr um den Wirtschaftsfaktor, der sich in den über die Belehnungen ausgefertigten Urkunden immer kräftiger spiegelte.

Die erste Dokumentation, die uns über diese Vorgänge in Albisheim unterrichtet, führt uns noch einmal in‘s Kloster Prüm. Dort wurde im Jahre 893 ein Güterverzeichnis angelegt, zu dem es vermutlich zwei Gründe gab, die miteinander in der einschlägigen Literatur konkurrieren: der eine ist eine Neuaufzeichnung als Folge der Veränderungen, die durch die Normanneneinfälle nötig geworden war, der andere ist die Annahme einer von den Normanneneinfällen unabhängige Neuordnung des Besitzwesen und der Abgabeordnung. Dieses Güterverzeichnis oder Urbar ist uns in einer Abschrift des ehemaligen Abtes Caesarius von Milendonk aus dem Jahre 1222 erhalten. Er war in den Jahren 1212 – 1215 Abt in Prüm, danach hatte er aus unbekannten Gründen sein Amt niedergelegt und sich in das Kloster Heisterbach zurückgezogen. Er darf aber nicht, wie dies oft geschehen ist, mit dem berühmten Caesarius von Heisterbach verwechselt wenden, der ein Zeitgenosse von ihm ist. Wichtiger für uns als die Abschrift selbst, ist der Kommentar des Caesarius, da er uns über die Güter, die das Kloster von Ludwig dem Frommen geschenkt bekam, unterrichtet.

Aus dem Güterverzeichnis selbst ist zunächst zu ersehen, dass im Jahre 893 und danach, das Kloster 17 und 2 halbe mansa ledilia besitzt, dazu noch 13 mansa servilia. Unter den mansa haben wir die Hufen zu verstehen. Als Halbhufe bezeichnete man ein Stück Land, das 6 Morgen Ackerland oder weniger umfasste. Unter mansa ledilia haben wir nun einen Wirtschaftsausdruck des Mittelalters vor uns. Er wird erklärt als „Güter, die viele Vorteile für die Besitzer bringen, aber keineswegs zu dauernder Abgabe verpflichtet sind“, während man unter der mansa servilia Güter zu verstehen hat, „die Sklaven und freie Bauern bestellen, damit der Zins und andere Abgaben, die dem Besitzer Vorteil bringen, erbracht werden kann“. Diese Güter müssen dem Kloster Prüm nun die verschiedensten Abgaben auslösen, z.B. Hemdenstoff, Schweine, Hämmel, Kücken, Eier, „pali ad vennam“, worunter man wohl Reusen für den Fischfang zu verstehen hat, Hölzer für die Wingert, Brot und Bier sowie Heu. Dabei ist es interessant zu erfahren, dass die Getreideerträge mit dem Schiff nach Worms gebracht werden sollen. Die Pfrimm war also — im Gegensatz zu heute — für kleinere Kähne oder Nachen befahrbar. Gleichzeitig erhält man durch dieses Güterverzeichnis einen Eindruck, wie die Versorgung sichergestellt wurde. Da das Kloster Prüm auch anderwärts Kapellen und Güter besaß, wurden nicht alle Abgaben nach dem Mutterkloster gebracht, sondern auch in die Dependencen. So besaß das Kloster Prüm in Altrip, das in dem Kommentar des Caesarius ausdrücklich als am Rhein in den Höhe von
Neckarau gelegen bezeichnet wird, eine Kapelle, die dem St. Medard (gest. um 550) geweiht war. Von jeder Hufe in Albisheim mussten acht Wagenladungen (Fuder) Heu nach Altrip gebracht werden.

Wichtiger noch als diese Bestimmungen sind für uns in diesem Abschnitt die Besitzverhältnisse. So erfahren wir durch die Erläuterungen des Exabtes, daß die Grafen von Leiningen mit dem Albisheimer Gute des Klosters Prüm belehnt sind. Er schreibt: lus patronatus ecclesiae de aluesheim cum decima comes de Liniggen et advocaciam eiusdem curtis tenet in feodo. Tenet etiam alia bona, d.h.: „Das Patronatsrecht für die Kirche zu Albisheim mit dem Zehnten hat der Graf von Leiningen und die Vogtei eben dieses Hofgutes zum Lehen. Er besitzt (dort) auch noch andere Güter.“ Aus dem weiteren Kommentar erhellt, dass Werner II. von Bolanden von den Leiningern mit dem Kirchengut in Albisheim als Afterlehen betraut war.
Um diese Zeit scheint es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kloster Prüm und dem Kloster Rodenkirchen gekommen zu sein, wie den Kommentar des Caesarius über das Dorf Wilre (Weiler), das nicht weit von Albisheim neben Bolanden gelegen ist und unter dem wir Weitersweiler zu verstehen haben, erkennen lässt. Diese Auseinandersetzungen haben sich wohl an den Besitzverhältnissen entzündet. Werner II. von Bolanden und seine Frau Guda von Weisenau haben 1160 das Prämonstratenserinnenkloster Rothenkirchen gegründet. Um diese Zeit, vielleicht auch ein wenig früher, ist dort eine „Rote Kirche“ errichtet worden, die ihren Namen wohl von dem roten Sandstein hatte, in dem der Bau ausgeführt war. Sie war für die Waldleute errichtet worden, die in dem großen Waldgebiet der Holzmark lebten und ihr Leben als Köhler und auf den Höfen des Landausbaus fristeten. Für diese kirchliche Versorgung war der Zehnte zu entrichten. Zwischen 1165 und 1182 vertauschten die Prämonstratenserinnen ihr Kloster mit dem Kloster Hane, dessen Mönche an ihrer Stelle nach Rodenkirchen gingen. Dieser Tausch wurde durch den Mainzer Erzbischof Konrad 1189 bestätigt. Vermutlich war nun bei den Klosterleitung Prüm der Verdacht aufgekommen, dass die Bolander ihr Afterlehen bei Albisheim, zur Ausstattung ihres Klosters zur Verfügung stellten. Zwar besaßen die Bolander, wie Caesarius ausdrücklich bemerkt, noch andere Güter bei Albisheim, aber es dürfte dabei weniger um die Frage des Grund und Bodens gegangen zu sein, als um die Frage nach dem Besetzungsrecht der Pfarrstelle in Albisheim. Nach der Schenkung durch Ludwig den Frommen stand dieses Recht dem Abt des Klosters Prüm zu. Nachdem das Kloster die Grafen von Leiningen mit diesem Gut und der Kirche in Albisheim belehnt hatte, übten die Leininger den Kirchenpatronat, den sie den Bolandern übertrugen, als sie ihnen die Kirche und Güter zum Afterlehen gaben. Hätten die Bolander nun die Kirche an das Kloster Rodenkirchen abgetreten, so hätte dieses damit das Besetzungsrecht erhalten. Aber Rodenkirchen hatte selbst eigenen Besitz in Albisheim. Dies erhellt aus einem Brief des Wormser Bischofs Konrad von Sternberg (Bischof von 1171 -1192) aus dem Jahre 1190. Da er, soweit festgestellt werden konnte, nicht mehr im Original vorliegt, müssen wir uns mit einem Exzerpt begnügen, das der lutherische Pfarrer Johann Adam Gümbel, der von 1726 bis 1777 Pfarrer in Albisheim war, in seiner Pfarrbeschreibung von 1733 mitteilt. Es heißt dort, dass die Mönche zu Rodenkirchen mit Zustimmung des Abtes Siegfried von Frankenthal dem Kloster Frankenthal ein Gut in Albisheim abgekauft haben. Vielleicht haben wir hier den Ursprung den Rodenkircher Wiesen zu suchen. Wie die Frankenthaler in den Besitz von Grund und Boden in Albisheim gelangt sind, konnte bis heute nicht geklärt werden.

Jedenfalls erfahren wir aus der oben erwähnten Pfarrbeschreibung, dass Papst Innozens II., den 1198 im Alter von 27 Jahren als 177. Oberhaupt der Kirche den Stuhl Petri bestieg, – was den deutschen Minnesänger Walther von der Vogelweide (* um 1170, + um 1230) in den berühmten Reichssprüchen den dritten Spruch, der den kirchlichen Verhältnissen seiner Zeit gilt, im oben erwähnten Jahr 1201 mit der Klage schließen lässt:

owê der bâbest ist ze junc!
hilf, hêrre, dîner kristenheit!

eine Pergamenturkunde ausstellen ließ, in der er die Verleihung von Albisheim an Eberhard von Bolanden durch den Erzbischof von Mainz bestätigt.

Im Jahre 1207 nun, so Pfarrer Gümbel in seiner Beschreibung, bestätigt Werner III. von Bolanden, dass er das Patronatsrecht an der Kirche zu Albisheim, das er als Lehen von den Leiningern erhalten hatte, mit deren Zustimmung dem Kloster Rodenkirchen übertragen hat. Seit 1207 also war ein Rodenkircher Conventuale Pfarrer in Albisheim, bzw. wurde die Pfarrstelle von Rodenkirchen aus besetzt. 1231 endlich gab Simon Graf zu Leiningen die Kirche und die dazugehörenden Rechte und Güter dem Abt von Prüm, als dem obersten Lehensherrn zurück, damit dem Abte von Prüm Gelegenheit gegeben war, diese Güter an Rodenkirchen durch Schenkung zu übergeben und zu übertragen. Im gleichen Jahr übergibt nun Abt Friedrich von Prüm das Kirchengut zu Albisheim und Gauersheim mit einem Grundstück, das der Mühlenacker genannt wird, zum Besitz dem Kloster Rodenkirchen, das nun alle Rechte und Pflichten an der Kirche zu Albisheim ausübt. Der Mühlenacker gehört zur Pfortmühle, die für die Mönche mahlte. Im Jahre 1259 bestätigt und bekräftigt Erzbischof Gerhard von Mainz, dass die Übergabe an Rodenkirchen rechtens ist, und dass das Kloster die Pfarr von Albisheim und Gauersheim besorgt. Diese Übertragung an Rodenkirchen bedeutet nicht, dass die Abtei Prüm nun keine Besitztümer und damit Rechte in Albisheim gehabt hätte. Aus verschiedenen Urkunden können wir sehen, dass der Abt von Prüm bis in‘s 18.Jahrhundert hinein testiert. Das ganze Hin und Her in den Besitzungen soll nun kurz an Hand von Urkunden aufgezeigt werden.

Bereits 1282 war eine Nebenlinie der Bolander erloschen. Die Witwe Philipps von Bolanden, Lukarde leitet, wie wir dem Otterberger Urkundenbuch entnehmen können, neue Besitzverhältnisse ein. So verpfändet sie am 2. November 1282 zusammen mit ihren Söhnen Philipp und Johannes eine Korngülte an den Ritter Herdegen von Offenheim. Im folgenden sind dann ihre Schwiegersöhne Heinrich von Sponheim (Ehefrau Kunigunde) und Albrecht von Löwenstein (Ehefrau Lukarde) an mehreren Rechtsgeschäften beteiligt, die das Kloster Otterberg in den Besitz von Gütern in Albisheim setzen. Der Abt von Prüm ist in der Mehrzahl der Urkunden als Zeuge mit angegeben. In verschiedenen Urkunden, deren Inhalt den Rahmen dieses Abrisses sprengen würden, wird dabei Gütern des Klosters Otterberg Befreiung vom Zehnten gewährt. Als Beispiel einer solchen Urkunde der Bolander im Otterberger Urkundenbuch sei die erste bekannt gewordene deutsche Urkunde, die unser Dorf betrifft, angeführt. Sie datiert vom 4. Juli 1291:

Ich Philippes, der herre von Bolanden, vnde des riches trossheisze (= Truchseß), veriehen mich an dysem gewenwortigen brieve daz ich bit (= mit) gudem willen, greven (= Graf) Heinrich von Spanheim han verhenget sinen zehenden, der er zu Albesheim hatte, des ich sin gemeinder was, zu verkeifene, vnd verzihen an dysem gegenwortigen brieve ich vnde mine erben offe allez daz recht, daz ich vnde mine erben an sime deile des vorgenant zehenden hatten oder mochten han. Daz diz stede vnde vnzurbrochen verlibe, des han ich ime (= ihm) vnde sinen erben gegben dysen gegenwortigen brief, besiegelt vnd beste digt bit mime ingesigele. Dirre brief wart gegeben von gots geburthe dusent jar zweihundert jar vnd ein vnd nunzig jar, an sante Vlriches dage.

Für die Geschichte der Kirche ist eine ebenfalls im Otterberger Urkundenbuch erhaltene Abschrift vom 18.Januar 1304 wichtig. Sie zeigt, dass es damals schon Glocken in Albisheim gab. Dies zeigt uns die Bedeutung der Albisheimer Kirche für ihre Umgebung. In der oben erwähnten Handschrift heißt es unter anderem: … Rudigerus Campanator conduxit pro religiosis abbate et conventu de Otterburg duos jornales sitos apud ecclesiam in Hornshecken annuatim pro II. maldris silignis, infra assumptionem et nativitatem beate Virginis, quamdiu vixerit, assignandis. Ubersetzt heißt dies:
… Rüdiger, der Glöckner, pachtet von den Mönchen, Abt und Konvent, von Otterberg zwei Tagewerk, die bei der Kirche an den Hornshecken gelegen sind, um jährlich zwei Malter Weizenmehls, die, solange er lebt, zwischen der seligen Jungfrau Himmelfahrt (=Mariä Himmelfahrt, am 15. August) und Geburt (Mariä Geburt, am 8. September) zu entrichten sind. Außer, dass es damals bereits einen Glöckner für die Kirche gegeben hat, woraus man schließen darf, dass unsere Kirche, wie oben angedeutet über Glocken verfügte, erfahren wir dass die Kirche selbst am Horn gelegen war, wo sie ja auch heute noch steht.

Aus dieser oder noch etwas älterer Zeit stammt das Untergeschoß des Kirchturms, wie der Mauerverband zeigt. Vermutlich ist, wenn es sich nicht um eine Beifügung zum alten karolingischen Kirchengebäude handelt, im 13.Jahrhundert die Kirche erneuert worden. Im Jahre 1325 hören wir noch einmal indirekt von den Glocken zu Albisheim. Das Kloster Otterberg pachtet den Glockenzehnten vom Kloster Rodenkirchen. Die Urkunde beginnt nach den üblichen einleitenden Vorbemerkungen
… tenore presentium publice protestamur, nos decimam in Albisheim villa, quod vulgo dicitur glockenzehende, conduxisse erga religiosos viros. . . abbatem et conventum in Rodenkirchen . . . . pro pensione annua triginta maldrorum silignis Wormatiensis mensure… „aufgrund der gegenwärtigen Urkunde bezeugen wir öffentlich, dass wir den Zehnten in dem Dorfe Albisheim, gemeinhin der Glockenzehnte genannt, von den Mönchen . . .‚ Abt und Konvent in Rodenkirchen . . . . für einen jährlichen Zins von 30 Malter Weizenmehls nach Wormser Maß gepachtet haben.“ Im weiteren Fortgang der Urkunde bezeugen der Abt und der Konvent in Rodenkirchen diesen Vorgang und führen als Sicherheiten und Pfand auf die zu leistende Zahlung der Otterberger Mönche folgende Güter an, die den Otterbergern gehören: 3 Morgen am Ymmesheimer Wege, 3 Morgen am Huselreine (Haselrain), 3 Morgen an der Fresten, 3 Morgen an der Kebesche, 4 Morgen am Rüssinger Weg, 2 Morgen auf dem Übereck, 2 Morgen am Heselebe oder Heselehe, 4 Morgen oberhalb der Dichhe, 7 Morgen am Girsebuhel (-Bühl), 4 Morgen zum Winkel, 4 Morgen am Horn, 2 Morgen unterhalb des Graswegs, 2 Morgen oberhalb des Pfortmühlenweges, 5 Morgen in der Aue, 2 Morgen oberhalb des Zeller Weges. Diese Aufzählung gibt reichlich Stoff für die Gewannamenforschung. Auch in einer Urkunde vom 23. April 1332, in der die Güter in Albisheim erwähnt sind, werden interessante Gewannamen mitgeteilt, teilweise mit den Namen der Pächter und ihren Berufen. Für unsere Fragestellung gibt sie nur her, dass der Zehnte des Hofes des Abtes von Prüm als auch die Äcker, welche unter dem Pflug des erwähnten Hofes gesät und bebaut werden, St. Goar zehntpflichtig sind. Einen kleinen Einblick in die Volksfrömmigkeit der damaligen Zeit gestattet uns eine Urkunde vom 15. Oktober 1335:

Ich Georie von Albesheim veriehen mich an disem vffin brieve, daz ich den herren von Otterburg han geben ein vnd zwenzig Heller geltes ierlicher gulte, die ich hatde vf irme hove zu Flersheim, vnd han in die geben zu eime rechten selgerede, daz sie mins vatdir vnd minre mutdir, min vnd alle minre altfordern sele gedenkin sollint vmmerme ewiclichin. Vnd ich Philips von Bolanden, vont der genante Georie nit ingesigels hat, so han ich durch sine bede min ingesigel an disen briefgehenkit. Der geben ist, do man schreib anno Domini M.CCC.XXXV XV. kalendas novembris.

Diese Ausführungen über eine „Seelgerett“-Stiftung liest sich in unserem Deutsch so:

Ich, Georg von Albisheim, bekenne mich in diesem offenen (= öffentlichen) Brief (= Urkunde) dazu, dass ich den Herren zu Otterberg einundzwanzig Heller als jährliche Gülte, die ich auf ihrem Hof in Flörsheim hatte, gegeben habe zu einem rechten ‘Seelgerett‘, dass sie meines Vaters und meiner Mutter, meiner und aller meiner Vorfahren Seele gedenken sollen immerdar ewiglich.

Und ich, Philipp von Bolanden, da der genannte Georg kein Eigensiegel hat, so habe ich auf seine Bitte hin mein Eigensiegel an diesen Brief gehängt, der gegeben ist. da man das Jahr des Herrn 1335 schreibt, am 15. Oktober.

Georg von Albisheim hat also auf eine ihm zustehende Gülte verzichtet, damit die Mönche in Otterberg seiner, seiner Eltern und Vorfahren Seele gedenken sollen, um den Qualen des Fegefeuers zu entgehen. Wir haben hier einen schwachen Nachhall im Volke von den großen Bemühungen der Karolinger, in unserem Falle also Ludwigs des Frommen und Ludwigs des Deutschen, um die „ewige Seligkeit glücklich zu erlangen“. Diese Dienste wurden von der Kirche geradezu angeboten, und diejenigen, die es sich erlauben konnten, machten regen Gebrauch davon. Dies hat sich in späteren Zeiten verstärkt, als um 1400 der das Spätmittelalter bewegende Gedanke an den Tod und seine Folgen verstärkt Eingang in die Lebenseinsichten der Menschen fand. In der zeitgenössischen Kunst fand der Todesgedanke seinen Ausdruck in den Bildfolgen des sogenannten Totentanzes, der wohl zuerst in Frankreich unter dem Titel der ‘danse macabre‘ entstand. Dargestellt wurden im Totentanz Menschen jeden Alters und Standes, die mit Toten einen Reigen tanzen, von denen sie gepackt und weggerafft werden. Die einzelnen Szenen wurden durch Verse erläutert, in denen die dem Tod Verfallenen mit ihren Tanzpartnern Zwiesprache halten.

Mit diesen Ausführungen sind wir unvermittelt im 15.Jahrhundert angekommen. Dieses Jahrhundert beschert den Albisheimern eine neue Kirche, die um 1450 in spätgotischem Stile erbaut wurde. Diese Kirche war für etwa 3 Jahrhunderte das Albisheimer Gotteshaus. Zu ihm gehören wohl die Fundamente, die auf dem Friedhof vom Turm aus ostwärts sich erstrecken. Sie wurden um die Jahrhundertwende entdeckt, aber archäologisch nicht ausgewertet. Von diesem Kirchenbau sind erhalten: der Taufstein aus rotem Sandstein, den das Presbyterium 1910 dem Museum in Speyer als Eigentum schenkte und der auf Initiative des Albisheimer Heimat- u. Geschichtsvereins  im Jahre 2005 wieder den Weg zurück in die Albisheimer Kirche fand, ein Sakramentshäuschen aus grauem Kalkstein, das in der Kirche bewundert werden kann und eine Halbfigur des Petrus aus rotem Sandstein, der als  Schlussstein heute das gotische Tor in der Westwand der Kirche ziert. Er ist dort zusammen mit dem Portal aus der mittelalterlichen Kirche in die heutige 1792 errichtete Kirche eingesetzt worden. Petrus ist der Patron von Kirche und Dorf, wie die überlieferten Siegeln der Albisheimer Schultheißen zeigen. Vermutlich war er schon seit Bestehen eines Kirchengebäudes der Schutzpatron. Belegt ist dies m. W. zum ersten Mal in einer Urkunde vom 18.Juni 1406, in der mit Zustimmung des Abtes von Rodenkirchen der Edelknecht Konrad von Lutersheim (Lautersheim) und die Kirchengeschworenen eine Priesterpfründe auf den St. Michaelsaltar der St. Peterskirche zu Albisheim stifteten. Die Halbfigur des Petrus ist eine gute einheimische Steinmetzarbeit. Unterhalb des Gürtels, der die Tunkia abschließt, endet das Gewand in einem Wolkenband, das an den Seiten in die Ärmel des Mantels übergeht und so harmonisch seine Fortsetzung hat. In der Rechten hält er einen Schlüssel, dessen Bart bereits im 18. Jahrhundert nach der Pfarrbeschreibung des Pfarrers Gümbel zerstört war. Das Gesenke und der Ring, der wie die Reste zeigen, als Raute ausgebildet war, die an den Ecken in sich knotenförmig verschlungen ist, fehlen ebenfalls. Der Schlüssel weist auf die Schriftstelle Matthäus 16, 19 hin, wo Jesus dem Petrus auf sein Bekenntnis hin sagt: „Ich will dir den Schlüssel des Himmelreiches geben.“ In der Linken hält er ein Buch, das das Evangelium symbolisiert. Das Gesicht ist dem seit dem 4.Jahrhundert feststehenden Typus für die Petrusdarstellungen verhaftet. Petrus trägt einen gelockten Vollbart sowie einen Lockenkranz um das Haupt, der dachartig die Ohren bedeckt. Ansatzweise ist die später stärker ausgebildete Stirnlocke erkennbar.

Im großen und ganzen ist für das 15. und 16. Jahrhundert die urkundliche Überlieferung für unser Dorf und Kirche noch weitgehend unausgeschöpft. Hier dürften der künftigen Forschung noch manche Erkenntnisse vorbehalten sein.

Mit dem 16. Jahrhundert stehen wir am Beginn des Vorabends der Reformation. Im Jahre 1517 pachtete Jakob Linnenfels, ein Altarist des St. Annaaltars zu Kirchheim(bolanden) den St. Nikolausaltar in der Kapelle zu Albisheim. Diese Kapelle, die bis in das 18. Jahrhundert hinein nachweisbar ist, gehörte zu dem Otterberger Klostergut. Sie stand etwa da, wo sich heute das Hebbelsche und das Wohlgemuthsche Anwesen berühren. Im gleichen Jahr wird auch Johann Hagen (oder Hegen) von (= aus) Wertheim als Kaplan des Liebfrauenaltars in der Peterskirche zu Albisheim eingesetzt. Diese Kaplanei am Liebfrauenalter erhielt zehn Jahre später Johannes Diminckel (nach anderer Lesung J. Drumalern). Der letzte Pfarrer vor der Reformation, der bislang urkundlich nachweisbar ist, ist Emerich Siebenhorn von (= aus) Sobernheim. Er erhielt 1544 den Liebfrauenaltar und die Pfarrei Albisheim vom Abt und Konvent von Rodenkirchen zugewiesen. Ob er die Einführung der Reformation in Albisheim erlebt hat, und ob er sein Amt niederlegen musste, muss bis auf weiteres noch offenbleiben, ja ist vielleicht überhaupt nicht mehr zu ermitteln.

Verfasser: Rüdiger Unger, Quelle: Festschrift anl. der 1150 Jahr-Feier der Gemeinde Albisheim, 1985.
Digitalisiert und überarbeitet: Rainer Schroedel